Erfahrungen aus Österreich

Anonym Gebären in Österreich – Einführung und Erfahrungen

20. September 2004 von Dr. Christian Fiala
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Zusammenfassung:
Die Anonyme Geburt wurde 2001, nach sorgfältiger Analyse der bestehenden Regelungen und Realität in anderen Ländern, in Österreich eingeführt.
(Erlass vom 27. Juli 2001 über Babynest und anonyme Geburt
http://anonymegeburt.at/wp-content/uploads/2013/10/ERL_07_000_20010727_JMZ_4_600_42_I_1_2001.pdf)
Das Ergebnis ist insofern sehr positiv, als Bestimmungen, welche sich in anderen Ländern bewährt haben, übernommen wurden und Fehlentwicklungen vermieden werden konnten. Das Ergebnis stellt einen bestmöglichen Interessensausgleich zwischen den Bedürfnissen der Frau in einer ausserordentlichen Krisensituation und dem Kind dar. Besonders positiv hervorzuheben ist die sofortige Übernahme der Vormundschaft des Kindes durch das Jugendamt und die rasche Unterbringung bei Pflegeeltern, welche auch die Adoptionseltern sein werden, sofern es zu einer Adoption kommt und keine unvorhergesehene Entwicklung eintritt.
Mit der gegenwärtigen Regelung konnten Missstände, die in anderen Ländern auftraten, vermieden werden, wie die lange Unterbringung des Kindes in einem Heim in Frankreich oder der vollkommen ungeregelte Umgang mit der anonymen Geburt und in weiterer Folge auch mit den anonym geborenen Kindern in Deutschland.

Einführung
Immer wiederkehrende Berichte von Kindesaussetzungen, -tötungen oder Misshandlungen von Neugeborenen haben dazu geführt, dass in Österreich auf verschiedenen Ebenen die Voraussetzungen für die anonyme Geburt geschaffen wurden. Dabei wurde davon ausgegangen, dass das Verlangen einer Schwangeren nach einer anonymen Geburt als Notfall zu werten sei. Deshalb sollte die anonyme Geburt generell angeboten werden, um Schlimmeres zu vermeiden, wie Suizid, Aussetzung des Kindes, Infantizid etc. Ferner stand das Verbot einer anonymen Geburt im Gegensatz zu dem sozialen Engagement unserer Gesellschaft. Aus gutem Grund werden Menschen in einer Krisensituation grundsätzlich akzeptiert, um eine Hilfestellung und allenfalls eine Lösung zu ermöglichen. Demgegenüber wurden Frauen mit einer fortgeschrittenen Schwangerschaft, für die die Schwangerschaft und ein Kind unmöglich waren, von unserer Gesellschaft nur unter der Bedingung angenommen, dass sie sich identifizieren. Sie hatten keine legale Möglichkeit, sich anonym von dem Kind zu trennen.
Auf gesetzgeberischer Seite wurde zunächst die Strafbarkeit der Kindesaussetzung geändert, und damit der erste Schritt in Richtung Liberalisierung der anonymen Geburt gemacht. Seit April 2001 ist die Kindesweglegung nur noch dann strafbar, wenn damit eine Gefährdung des Kindes verbunden ist. Eine Aussetzung beispielsweise in einem Krankenhaus, unter anderem im Rahmen einer anonymen Geburt, hat für die Mutter seither keinerlei strafrechtliche Konsequenzen mehr. Juristisch wird das Kind in diesem Falle wie ein Findelkind behandelt. In der Folge wurden auch das Krankenanstalten- sowie das Hebammengesetzes dahingehend geändert, dass bei einer Geburt keine Meldepflicht der Identität der Mutter mehr besteht.
Auch die Kostenübernahme einer anonymen Geburt wurde geregelt. Dabei kam es zu unterschiedlichen Regelungen in den verschiedenen Bundesländern: In Wien übernimmt die Stadt die Kosten, in Niederösterreich ist es der Jugendwohlfahrtsfond.

Vorbild Frankreich
Auf die tatsächliche Durchführung einer anonymen Geburt hat sich unter anderem die geburtshilfliche Abteilung des A.ö. Krankenhauses Korneuburg seit Herbst 2000 in enger Absprache mit Ärzten, Hebammen und dem Jugendamt vorbereitet.
Alle diese Vorbereitungen waren getragen von dem Bewusstsein, verzweifelten Frauen am Ende einer ungewollten Schwangerschaft eine zusätzliche Hilfestellung anzubieten und gleichzeitig für das Kind eine bestmögliche Versorgung zu gewährleisten. Dabei war insbesondere auch die lange und große Erfahrung in Frankreich hilfreich. Dort ist die anonyme Geburt unter verschiedenen Gesetzgebungen und mit Unterbrechungen seit etwa 200 Jahren möglich und jede Frau hat sogar einen gesetzlichen Anspruch darauf.
Nach Schätzungen von Fr. Dr. Bonnet finden jährlich etwa 700 anonyme Geburten statt, wobei ein großer Teil davon auf illegal in Frankreich lebende Frauen entfällt.

Parallelen zur Babyklappe
Eine gewisse Aktualität bekamen die Vorbereitungen zur anonymen Geburt anlässlich der Eröffnung von Babyklappen/Babynestern. In Österreich wurde die erste im Herbst 2000 in Wien eröffnet. Auf den ersten Blick haben beide Initiativen die gleiche Zielgruppe. Der bedeutende Unterschied liegt jedoch darin, dass Frauen ihr Kind erst dann in eine Babyklappe legen können, wenn sie die Schwangerschaft isoliert und unbetreut ausgetragen und die Geburt alleine und ohne medizinische Überwachung überstanden haben. (Es ist unnötig zu sagen, dass eine Schwangerschaft und Geburt auch mit ernsthaften Gefahren für Frau und Kind verbunden sein kann.) Erst dann haben sie die Möglichkeit, das bisher nicht registrierte Kind in eine Babyklappe zu legen. Angesichts dieser Hürden ist nachvollziehbar, dass bisher wenige Kinder in Babyklappen abgegeben wurden. Demgegenüber ist die anonyme Geburt, nach Möglichkeit in allen Krankenhäusern, ein Angebot, welches Frauen in dieser verzweifelten Situation respektiert, ihnen frühzeitig hilft und die Geburt in einem sicheren Rahmen ermöglicht. Auch für das Kind hat die Anonyme Geburt wichtige Vorteile gegenüber einer Babyklappe, da es bereits unter und während der Geburt medizinisch betreut wird und nicht erst, wenn es diese überlebt hat.
Ein besonders wichtiger Aspekt des Angebotes einer anonymen Geburt ist die Möglichkeit der anonymen Vorsorge bereits während der Schwangerschaft. Diese frühe Kontaktaufnahme ermöglicht eine Besprechung der Krisensituation und allfällige Interventionen bereits vor der Geburt, womit sich eine anonyme Adoption möglicherweise vermeiden lässt.

Ein Fall mit Folgen
Die oben geschilderten Probleme hatte die erste Frau durchlebt, welche im Mai 2001 zu einer anonymen Geburt in das Krankenhaus Korneuburg kam. Am Ende einer verdrängten Schwangerschaft kam es an ihrem Arbeitsplatz zu einem Blasensprung. Daraufhin ging sie gezielt in das Krankenhaus in Wien, welches kurz vorher die Babyklappe eröffnet hat. Da sie noch nicht geboren hatte, konnte sie diese jedoch nicht in Anspruch nehmen und verlangte eine anonyme Geburt. Der gynäkologischen Abteilung in jenem Krankenhaus war dies damals jedoch von juristischer und politischer Seite untersagt worden. Die Frau wurde deshalb in das Krankenhaus Korneuburg am Stadtrand von Wien transferiert, da dieses bereits angekündigt hatte, Frauen auch anonym zu entbinden – trotz der damals noch unklaren rechtlichen Situation. Die Frau hat schließlich problemlos geboren und das Krankenhaus kurz nach der Geburt wieder verlassen. Das Kind wurde in der Folge in eine Pflegefamilie untergebracht und in weiterer Folge zur Adoption freigegeben.
Dieser Fall führte zur öffentlichen Diskussion, mit dem Ergebnis, dass alle Krankenhäuser in Wien und Niederösterreich und in der Folge auch in den anderen Bundesländern seither anonyme Geburten anbieten. Dies geschah im übrigen mit großer allgemeiner Akzeptanz in der Bevölkerung.
Diese Erfahrung unterstreicht die Forderung, dass Frauen in einer derart verzweifelten Situation nicht abgewiesen, sondern von geburtshilflichen Abteilungen mit Verständnis an- und aufgenommen werden. Dazu ist es auch notwendig, Frauen zu entkriminalisieren, wenn sie ihr Kind in einer sicheren Umgebung lassen. Ferner sollte ein Vorgehen entwickelt werden, welches den Bedürfnissen der Frauen in größtmöglichem Ausmaß Rechnung trägt, womit schließlich auch die Kinder geschützt werden.
Während der Einführung der anonymen Geburt im Sommer 2001, fanden drei Veranstaltungen mit Fachleuten zu dem Thema statt:
– 20.6.2001 St. Pölten
– 13.6.2001 Korneuburg
– ? in Wien

Warum entbinden Frauen anonym?
Ergebnisse einer Studie von Dr. Catherine Bonnet, Frankreich
Meine ersten Untersuchungen von 1986-1989 (Bonnet, 1990) zeigten, daß die Gründe, welche zum Verlassen des Kindes führen, im wesentlichen psychologischer Natur sind. Die Frauen stellen ihre Schwangerschaft meist sehr spät fest – im fünften oder sechsten Monat – weil sie die Schwangerschaft an sich leugnen, manchmal sogar bis zur Geburt. Diesem Leugnen der Schwangerschaft liegt häufig eine erst kurz zurückliegende Misshandlung zu Grunde (Vergewaltigung, sexueller Missbrauch, Inzest) oder eine Misshandlung in der Kindheit (körperlich, sexuell oder psychisch). Wenn die Frauen keine psychologische Betreuung erhalten, kann das Wahrnehmen der Schwangerschaft diese traumatischen Erfahrungen erneut in Erinnerung rufen. Die Folgen einer nicht geheilten sexuellen Gewalterfahrung werden mit dem vermischt, was das ungeborene Kind darstellt, womit das Entstehen einer Mutterbeziehung unmöglich ist.
Einige dieser Frauen sind sich der Unmöglichkeit, das Kind zu lieben, bewusst. Sie können dem Kind lediglich das Leben geben und es Adoptiveltern anvertrauen, in der Hoffnung, es werde dort glücklich sein.

Für den Fall, dass diese Frauen in der Schwangerschaft nicht betreut werden, ist die Gefahr einer tragischen Geburt groß. Meist sind sie während der Geburt ganz alleine außerhalb eines Krankenhauses, weil sie ja die Schwangerschaft verdrängt und in der Folge versteckt haben. Von Panik erfasst, lassen einige Frauen ihr Kind einfach an einem öffentlich zugänglichen Platz liegen. Andere werfen es in eine Mülltonne oder bringen es zum Schweigen, indem sie es töten.
Diesen verzweifelten Frauen kann man am besten mit einer Betreuung während der Schwangerschaft helfen und somit auch die beste Lösung für das Kind suchen. Eine Lösung kann bedeuten, dass die Frau das Kind annimmt oder aber sie gibt es zur Adoption frei. Einige Frauen möchten es unter ihrem Namen anerkennen, andere möchten lieber anonym bleiben.

Siehe auch Jahresbericht 2012 der Universitätsklinik für Kinder und Jugendliche, Wien
„Anonyme Geburt schützt Mütter und Neugeborene“

Die Rechtslage in Frankreich
Frankreich hat weltweit eines der besten Modelle der Schwangerschaftsbetreuung. Darin ist die anonyme Geburt als eine Maßnahme zum Schutz der Kinder enthalten. Frankreich und Luxemburg sind derzeit die einzigen Länder, in welchen Frauen einen gesetzlichen Anspruch haben, zwischen der anonymen Geburt und der Anerkennung des Kindes frei zu wählen (das Recht auf eine anonyme Geburt wurde 1993 in das Zivilrecht aufgenommen). In anderen Ländern gibt es zumindest die Möglichkeit der anonymen Geburt, beispielsweise in Spanien, Italien und Kolumbien. Im Jahr 1996 hat der Gesetzgeber in Frankreich die Regelung der anonymen Geburt folgendermaßen ergänzt:

  • Frauen, welche planen, sich von ihrem Kind zu trennen, muss eine psychologische Betreuung angeboten werden.
  • Nach einer anonymen Geburt soll eine kurze Beschreibung der Situation, sowie der Eltern zusammengestellt werden, welche nicht zur Identifizierung der Eltern führen, aber dem Kind einige Angaben über seine Herkunft geben soll.
  • Die Frauen haben zu einem späteren Zeitpunkt jederzeit die Möglichkeit, die Anonymität aufzuheben.

Im Folgenden eine Zusammenfassung der derzeit gültigen gesetzlichen Regelung der anonymen Geburt in Frankreich.
Erstellt von Catherine BRIAND, Fachreferentin für anonyme Geburt, im zuständigen Ministerium für Soziales, Paris, am 24. Januar 2003
e-mail: DGAS-AVIE-ENF-PROTECT-ENFANCE@sante.gouv.fr

Das Gesetz vom 22 Januar 2002 über den Zugang zu Informationen über die eigene Herkunft von Adoptiv- und Waisenkindern hat den Ablauf der anonymen Geburt neu geregelt. Die anonyme Geburt wurde dadurch jedoch nicht abgeschafft.
Im Gesetz ist festgehalten: eine Frau muß sich für die Entbindung nicht ausweisen, wenn sie wünscht, daß ihre Identität und die Tatsache der stationären Aufnahme in der Institution geheim bleiben soll. Auch wird in diesem Fall keine Ausforschung ihrer Identität eingeleitet. (article L 222 -6 du code de l’action sociale et des familles)

Eine Frau, die anonym entbindet, wird lediglich eingeladen einige Informationen in einem verschlossenen Briefumschlag zu hinterlassen, falls sie das möchte. Diese Informationen sollten enthalten: ihre Identität, Informationen über ihre Gesundheit, sowie die des Vaters, die Herkunft des Kindes und die Begleitumstände der Geburt.

Die Aufforderung Angaben über ihre Identität in einem verschlossenen Briefumschlag zu hinterlassen, ist in keiner Weise verpflichtend. Es handelt sich lediglich um eine Einladung, welche die Frau ablehnen kann.

Per Gesetz wurde ein Gremium ins Leben gerufen, welches den Zugang zu Informationen über die Herkunft von Adoptivkindern regelt. Wenn sich ein Adoptivkind an dieses Gremium wendet, weil es die Identität seiner Mutter erfahren möchte, wird dieses Gremium mit der Mutter in Kontakt treten und sie um ihre ausdrückliche Zustimmung bitten, das Geheimnis über ihre Identität aufheben zu dürfen. Falls die Frau diese Zustimmung verweigert, wird diese Ablehnung akzeptiert und die Identität der Frau wird ihrem Kind nicht bekannt gegeben. Es ist offensichtlich, daß die Frau nicht gefunden werden kann, wenn sie zum Zeitpunkt der Geburt keine Informationen in dem Briefumschlag hinterlassen hat.

Dieses Gesetz erleichtert also Adoptivkindern den Zugang zu Informationen über ihre Herkunft, weil das neu geschaffene Gremium nach vielen Jahren prüfen kann, ob die Frau die Anonymität immer noch aufrecht erhalten möchte. Dies gilt allerdings nur für diejenigen Fälle, in welchen die Frau sowohl bei der Geburt Informationen hinterlassen hat als auch später wieder gefunden werden kann. Andererseits wird die anonyme Geburt nicht abgeschafft, weil die Frau keinesfalls ihre Identität in einem verschlossenen Briefumschlag hinterlassen muß. Aber selbst, wenn sie dies tut kann sie auf der Beibehaltung der Anonymität bestehen, falls sie zu einem späteren Zeitpunkt von dem Gremium kontaktiert wird.

Das neue Gesetz regelt den Ablauf der anonymen Geburt, indem es eine psychologische und sozialarbeiterische Betreuung der Frau vorsieht, sowie eine vollständige Information über die Konsequenzen ihrer Entscheidung. Wie z.B. die Endgültigkeit der Trennung nach Ablauf der ersten zwei Monate, in welchen sie ihre Entscheidung widerrufen kann.
Die Verantwortung für die Umsetzung der Beratung und der Information liegt bei dem Mitglied des Gremium, welches für das jeweilige Departement zuständig ist. (Es gibt mindestens zwei Mitglieder pro Departement.)

Das Gesetz hat keine Auswirkung auf den Inhalt des Zivilgesetzbuches, welches vorsieht, „eine Frau kann im Rahmen einer Entbindung verlangen, daß die stationäre Aufnahme nicht bekannt gegeben wird und ihre Identität geheim bleibt.“ (Artikel 341 du code civil/Zivilgesetzbuch)
Auch bleibt folgende Verordnung unangetastet, welche regelt: „das Aufsuchen einer Mutter ist nicht zulässig, wenn diese anonym entbunden hat.“ (aricle 341 du code civil/Zivilgesetzbuch)

Ich bestätige hiermit, daß eine Frau auch derzeit die Möglichkeit hat in Frankreich zu entbinden, ohne irgendwelche Angaben über ihre Identität zu machen.

Diese Wahlmöglichkeit wurde eingeführt, um die Frau und das Kind zu schützen, ihre Gesundheit zu bewahren und um Kindesweglegungen, Kindestötungen und illegale Abbrüche zu vermeiden. Diese Möglichkeit erlaubt es, der Frau und dem Kind sichere medizinische Bedingungen und eine qualifizierte professionelle Betreuung anzubieten.

Urteil des Europäischen Gerichtshofes
Am 13. Februar 2003 hat der Europäische Gerichtshof die Notwendigkeit der Anonymen Geburt vollinhaltlich bestätigt und in Übereinstimmung mit der Europäischen Menschenrechtskonvention befunden. Im Folgenden eine Zusammenfassung des Urteils.

GRAND CHAMBER JUDGMENT IN THE CASE OF ODIÈVRE v. FRANCE
The European Court of Human Rights has delivered at a public hearing today a judgment [fn] in the case of Odièvre v. France (application no. 42326/98). The European Court of Human Rights held:

• by ten votes to seven that there had been no violation of Article 8 (right to respect for private and family life) of the European Convention on Human Rights;

• by ten votes to seven that there had been no violation of Article 14 (prohibition of discrimination) of the Convention, taken together with Article 8.

Principal facts
The applicant, Pascale Odièvre, is a French national, who was born in 1965 and lives in Paris. She is unemployed.
Her application concerns the rules governing confidentiality on birth, which have prevented her from obtaining information about her natural family.
She was born on 23 March 1965 in Paris. Her mother requested that the birth be kept secret and completed a form at the Health and Social Security Department abandoning her rights to her child. The applicant was placed in the care of the Children’s Welfare and Youth-Protection Service and registered as being in State care. She was subsequently fully adopted by Mr and Mrs Odièvre, whose surname she continues to use.
The applicant consulted her file at the Children’s Welfare Service of the département of Seine in 1990 and was able to obtain non-identifying information about her natural family. On 27 January 1998 she applied to the Paris tribunal de grande instance for an order „for disclosure of confidential information concerning her birth and permission to obtain copies of any documents, public records or full birth certificates“. She explained to the court that she had learnt that her natural parents had had a son in 1963 and two other sons after 1965. However, the Children’s Welfare Service had refused to provide her with details regarding her brothers’ identity on the ground that it would entail a breach of confidence. She submitted that having discovered the existence of her brothers, her application for disclosure of information about her birth was well-founded.
On 2 February 1998 the court registrar returned the case file to the applicant’s lawyer stating „… it appears that the applicant should perhaps apply to the administrative court to obtain, if possible, an order requiring the authorities to disclose the information, although such an order would in any event contravene the Law of 8 January 1993“. (The statute lays down that an application for disclosure of details identifying the natural mother is inadmissible if confidentiality was agreed at birth).

Summary of the judgment Complaint
The applicant complained that she had been unable to obtain details identifying her natural family, contrary to Article 8 (right to respect for private and family life) of the European Convention on Human Rights. She said that her inability to do so was highly damaging to her as it deprived her of the chance of reconstituting her life history. She further submitted that the French rules on confidentiality governing birth amounted to discrimination on the ground of birth, contrary to Article 14 (prohibition of discrimination).

Decision of the Court
Article 8 of the Convention
Applicability of Article 8
The Court considered it necessary to examine the case from the perspective of private life, not family life, since the applicant’s claim to be entitled, in the name of biological truth, to know her personal history was based on her inability to gain access to information about her origin and to related identifying data.
The Court reiterated that Article 8 protected, among other interests, the right to personal development. Matters of relevance to personal development included details of a person’s identity as a human being and the vital interest protected by the Convention in obtaining information necessary to discover the truth concerning important aspects of one’s personal identity, such as the identity of one’s parents. Birth, and in particular the circumstances in which a child was born, formed part of a child’s, and subsequently the adult’s, private life guaranteed by Article 8 of the Convention. That provision was therefore applicable in the instant case.

Compliance with Article 8
The applicant had complained that France had failed to ensure respect for her private life by its legal system, which totally precluded an action being brought to establish maternity if the natural mother had requested confidentiality and which, above all, prohibited access being given to information identifying her.
The Court observed that there were two competing interests in the case before it: on the one hand, the right to know one’s origins and the child’s vital interest in its personal development and, on the other, a woman’s interest in remaining anonymous in order to protect her health by giving birth in appropriate medical conditions. Those interests were not easily reconciled, as they concerned two adults, each endowed with free will.
In addition, the problem of anonymous births could not be dealt with in isolation from the issue of the protection of third parties, essentially the adoptive parents, the father and the other members of the natural family. The Court noted in that connection that the applicant was now 38 years old, having been adopted at the age of four, and that non-consensual disclosure could entail substantial risks, not only for the mother herself, but also for the adoptive family which had brought up the applicant, and her natural father and siblings, each of whom also had a right to respect for his or her private and family life.
The general interest was also at stake, as French legislation aimed to protect the mother’s and child’s health at the birth and to avoid abortions, in particular illegal abortions, and children being abandoned other than under the proper procedure. The right to respect for life was thus one of the aims pursued by the French system.
The Court reiterated that the Contracting States had a margin of appreciation in the choice of measures for securing compliance with Article 8 in the sphere of relations between individuals. Most of the Contracting States did not have legislation comparable to that applicable in France, which prevented parental ties ever being established with the natural mother if she refused to disclose her identity. However, it noted that some countries did not impose a duty on natural parents to declare their identities on the birth of their children and that there had been cases of child abandonment in various other countries that had given rise to a debate about the right to give birth anonymously. In the light of the diversity of practice to be found among the legal systems and traditions and of the fact that children were being abandoned, the Court considered that States had to be afforded a margin of appreciation to decide which measures were apt to ensure that the rights guaranteed by the Convention were secured.
The Court observed that the applicant had been given access to non-identifying information about her mother and natural family that had enabled her to trace some of her roots, while ensuring the protection of third-party interests. In addition, while preserving the principle that mothers were entitled to give birth anonymously, the law of 22 of January 2002 facilitated searches for information about a person’s biological origins by setting up a National Council on Access to Information about Personal Origins. The legislation was already in force and the applicant could use it to request disclosure of her mother’s identity, subject to the latter’s consent being obtained.
The French legislation thus sought to strike a balance and to ensure sufficient proportion between the competing interests. Consequently, France had not overstepped the margin of appreciation which it had to be afforded in view of the complex and sensitive nature of the issue of access to information about one’s origins, an issue that concerned the right to know one’s personal history, the choice of the natural parents, the existing family ties and the adoptive parents. Consequently, there had been no violation of Article 8 of the Convention.

Article 14 of the Convention, taken together with Article 8
The Court observed that the applicant had complained that restrictions had been imposed on her ability to receive property from her natural mother. The Court noted that the applicant’s complaint under Article 14 of the Convention concerned her inability to find out her origins, not a desire to establish a parental tie that would enable her to claim an inheritance. It considered that, though presented from a different perspective, that complaint was in practice the same as the complaint it had already examined under Article 8 of the Convention. In summary, the Court considered that the applicant had suffered no discrimination with regard to her filiation, as she had parental ties with her adoptive parents and a prospective interest in their property and estate and, furthermore, could not claim that her situation with regard to her natural mother was comparable to that of children who enjoyed established parental ties with their natural mother. Consequently, the Court held that there had been no violation of Article 14 of the Convention, taken together with Article 8.

hudoc.echr.coe.int
The Court’s judgments are accessible on its Internet site (http://www.echr.coe.int).
Registry of the European Court of Human Rights
F – 67075 Strasbourg Cedex
Contacts: Roderick Liddell (telephone: +00 33 (0)3 88 41 24 92)

Weiterführende Literatur
Die bisher einzigen Studien über Anonyme Geburt sind von Dr. Catherine Bonnet, einer Kinderpsychiaterin aus Frankreich. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen sind in zwei Büchern zusammengefasst. Diese sind bisher leider nur auf Französisch erhältlich.
• Geste d’amour, l’accouchement sous X, Paris, Odile Jacob, Février 1990
• Les enfants du secret, Paris, Odile Jacob, Mai 1992
Eine Zusammenfassung wurde auf Englisch veröffentlicht:
Child Abuse and Neglect, The International Journal, 1993,17,4 : 501-513.

Autoren
Christian Fiala
ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und arbeitet in Wien, Gynmed Ambulatorium. Er hat im A.ö. Krankenhaus Korneuburg bei Wien an der Einführung der Anonymen Geburt mitgewirkt. Erste Erfahrungen dazu machte er während eines einjährigen Aufenthaltes in einem Krankenhaus in Frankreich. Sein Engagement gilt der Betreuung und Behandlung von ungewollt schwangeren Frauen, sowie daraus abgeleiteten Präventionsmaßnahmen. E-mail: christian.fiala@aon.at